Liebe Solawistas in den Vier – und Marschlanden und in Hamburg !Als Tomatenretter erwägen wir, mehr beim sich bildendenAckersyndikatmitzumachen.Habe gerade ein weiteres, Mut machendes Wochenende davon bei Kassel erlebtund wir sind an dem ThemaLandkaufin den Vier – und Marschlanden dran.Vielleicht interessiert euch der hier folgende aktuelle Bericht ?Einen lieben Gruß von Hilmar--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Für junge Menschen, die einen landwirtschaftlichen Beruf erlernt haben und selbst einen Hofgründen möchten, aber keinen Hof erben können, ist es sehr schwer, selbstbestimmt tätig zu werdenund an Land zu kommen. Auch für Betriebe, die kein großes Kapital im Hintergrund haben, ist dieSuche nach Land oft ein großes Problem. Das Ackersyndikat kann ein Ausweg daraus sein.Was ist das Ackersyndikat?Es ist ein Verbund von Projekten, die Landwirtschaft und Wohnraum bieten. Die Höfe sinddezentral, selbstorganisiert und wollen gemeinsam das Eigentum an Land und der Hofstelledauerhaft dem Markt entziehen. Dazu wurde ein Verein gegründet, in dem alle Projekte Mitgliedwerden und sich gegenseitig absichern, dass Hof und Land nicht wieder verkauft werden können.Im Vordergrund stehen der landwirtschaftliche Betrieb und dessen Interessen – und dass der Betrieblangfristig erhalten wird.Wie ist das Ackersyndikat entstanden und wie ging es weiter?Gunter Kramp ist einer der Mitgründer:innen des Ackersyndikats: „Auf die Idee kamen Aktive desMietshäusersyndikats und der Solawi-Bewegung. Mit unserer Solidarischen Landwirtschaft inMarburg hatten wir die Möglichkeit, einen Hof zu übernehmen und zu bewirtschaften. Da stelltesich die Frage nach der Form und es entstand die Idee, mit einer neuen Struktur das Projektlangfristig gegen den Wiederverkauf zu sichern. Ende 2020 hat sich eine kritische Masse vonLeuten zusammengefunden, die an der Idee weiter arbeiten wollen.“Das Ackersyndikat befindet sich seitdem im Aufbau. Etwa ein Dutzend Menschen bringen sich ein:„Wir sind eine selbstorganisierte Struktur. Wir bieten also keine Dienstleistung für die interessiertenHöfe an, sondern stehen als Kommunikationspartner:innen zur Verfügung. Die gemeinsamerarbeiteten Satzungen und Finanzpläne können im Netzwerk als Vorlagen genutzt werden. Darausetwas machen, zu entscheiden, was zum Projekt passt und wo es noch Änderungen braucht, dasmüssen die Projekte selbst. Das ist aber auch unser Erfolgsrezept, weil wir dadurch gemeinsamwachsen.“Zweimal ist es bisher passiert, dass bei potenziellen Projekten letztlich doch andere Käufer:innenden Vortritt bekamen. Es gibt inzwischen aber 17 interessierte Projekte und Gunter istzuversichtlich, dass dieses Jahr das erste Projekt umgesetzt werden kann.Wie kann das Ackersyndikat das Eigentum der Spekulation entziehen?Die Vorlage hierzu bietet das erprobte Modell des Mietshäusersyndikats [www.syndikat.org]. ImKern funktioniert es so, dass der Verbund an Projekten eine Art „Wächterfunktion“ ausüben kannund verhindert, dass das Eigentum wieder privatisiert wird. Die Struktur zum Schutz vorProfitinteressen und außerlandwirtschaftlichen Investor:innen besteht damit aus dem Netzwerk derProjekte selbst. Im Gegensatz zu Genossenschaften oder Stiftungen, gibt es in diesem Netzwerkkeine Führungspositionen.Trotzdem sieht sich das Ackersyndikat nicht in Konkurrenz zu anderen Ansätzen: „Wir sind Teil desNetzwerks Flächensicherung[www.zugangzuland.de/]. Es braucht eine Vielfalt an Strukturen,weil wir nicht wissen, wie sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern und welcheStrukturen am Ende erfolgreich darin sein werden eine Transformation herzustellen.“ Falls Menschen im Betrieb aufhören oder dieser vorübergehend aufgegeben wird, kann dasAckersyndikat deren Mitgliedsrechte übernehmen und sich dafür einsetzen, dass der Hof erhaltenbleibt. Gemeinsam können dann auch Nachfolger:innen für die Bewirtschaftung des Hofs bzw. derSolawi gesucht werden.Für wen kommt das Ackersyndikat in Frage?Das Ackersyndikat bietet eine schlanke Möglichkeit, Land und Hof in einer Rechtsformzusammenzufassen. Das ist praktisch, insbesondere wenn die Flächen in Verbindung mit einemgemeinschaftlichen Wohnprojekt stehen. Aber auch sonst zeigen sich viele Projekte undlandwirtschaftliche Kollektive an dem Ansatz interessiert, denn das Kapital bleibt im Projekt undalles wird selbst verwaltet. Nur bei den grundsätzlichen Kriterien der Bewirtschaftung und im Falleeiner Reprivatisierung hat das Ackersyndikat ein Mitspracherecht: „Es darf keine Verschlechterungder Böden und Flächen stattfinden, aber wir verfolgen keine vorgegebenen ökologischen Ziele. Unsist Verantwortung, Offenheit und die Autonomie der Projekte sehr wichtig und da wollen wir denProjekten keine Vorgaben machen. Die Projekte können für sich selbst im Dialog mit uns definierenwas sie als verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung ansehen, Die dann getroffene Festlegungkann das Ackersyndikat auch dauerhaft sichern. Gegenüber völkischen Siedler:innen und anderenRechten Akteur:innen und Denkmustern grenzen wir uns entschieden ab.“Wie sieht die Zusammenarbeit in der Praxis aus?Eine Gruppe landwirtschaftlich aktiver Menschen und weiterer Freund:innen hat es geradegeschafft, in der Nähe von Jena einen ehemaligen Hof zu kaufen. Auch bestehende Hofprojektekönnen sich dem Ackersyndikat anschließen.Formal hat die Mitgliederversammlung noch nichtbeschlossen, dass das Projekt Teil des Ackersyndikats wird. Gesine Langlotz erzählt unszuversichtlich, warum sie mit ihrem Projekt Teil des Ackersyndikats werden wollen: „Es ist sehrschwierig, Acker und Wohnraum bei einer Neugründung zusammenzubringen. Dafür mussten wirmehrere Jahre suchen und wollen deshalb nicht, dass das an diesem Ort wieder verloren gehenkann. Unser Projekt liegt außerhalb einer Großstadt. Bei einem Generationswechsel könnte derlandwirtschaftliche Fokus verloren gehen. Wir wollen sicherstellen, dass langfristig dieLandwirtschaft im Vordergrund steht.“An den Hof zu kommen war für die Gruppe nicht einfach. Weil viele Voraussetzungen erfüllt waren,starten sie das Projekt auch mit einer vergleichsweise geringen Fläche von 0,7 Hektar. Gesine bleibtoptimistisch: „Wir hoffen, dass wir vor Ort anknüpfen können und in den nächsten Jahren weitereFlächen kaufen oder pachten können. Aus dem Netzwerk kommt eine Menge Wissen undUnterstützung. Wir sind zwar selbst dafür verantwortlich, das Geld zusammenzusammeln. Wennwir in Zukunft aber weitere Flächen mit Direktkrediten finanzieren können, können wir sie einfachhinzukaufen und in das Projekt integrieren.“Was bleibt?Die Erfahrungen von Gesine und ihrer Gruppe haben gezeigt, dass Zugang zu Land aktuell fastausnahmslos für privilegierte Menschen gegeben ist: „Es braucht eine Menge Zeit und Kapital. Wirverschenken viel gesellschaftliches Potenzial, wenn wir den Zugang zu Land so erschweren.“ ImAckersyndikat teilen die Projekte Wissen und andere Ressourcen, damit möglichst viele Flächenund Betriebe langfristig unverkäuflich gemacht und gesichert werden können.Gunter ist schon sehr gespannt, wie sich das Ackersyndikat entwickelt: „Wenn dezentraleStrukturen erst einmal an den Start gekommen sind, dann wachsen sie eigentlich fast von selbst.Denn mit jedem Hof, der Teil des Netzwerks wird, wird die Struktur von einer größeren Anzahl anProjekten getragen.“Gesine sieht darin große Chancen: „Ich wünsche mir, dass es nicht nur kleine und ökologischeBetriebe sind, die im Ackersyndikat zusammenkommen. Auch für klassische Betriebe mit vielenHektaren kann es sinnvoll sein, sich zu entprivatisieren. Es wäre schön, wenn in Zukunft imAckersyndikat eine Vielfalt an Höfen und Strukturen vertreten wäre.“
Wer das Ackersyndikat unterstützen möchte, kann gerne zu einem Kennenlerntreffen kommen oderDirektkredite anbieten. Auch fachliche Expertise ist gerne gesehen, zum Beispiel für rechtlicheFragen, landwirtschaftliche Beratung oder Öffentlichkeitsarbeit. Jede:r kann sich nach seinen bzw.ihren Fähigkeiten einbringen.kontakt@ackersyndikat.org